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Perlarbeit mit Stil

von Dick Conn

aus American Indian Hobbyist Band 6/7 März-April 1960

Einführung

 

Etwa vor 2 Jahren sah ich einige Nicht-Indianer-Perlarbeiten zu einem Wettbewerb zusammengetragen. Sie kamen von überall aus den USA und repräsentierten die Arbeiten einer großen Zahl von Hobbyisten. Wie ich so herum ging und sie mir ansah, war ich betroffen davon, wie unähnlich einige dieser Stücke der indianischen Perlarbeit sahen. Einige wenige waren gut gemacht und etliche waren regelrechter Schund, aber die meisten davon glichen in Nichts Etwas, das je von einem Indianer gefertigt worden war. Der Anblick dieser Wettbewerbsstücke legte nahe, dass viele dieser Hobbyisten noch nie ein einziges Stück richtige Indianer-Perlarbeit gesehen hatten. Seit jener Zeit habe ich viele weitere Perlarbeiten, die von Hobbyisten angefertigt wurden, zu Gesicht bekommen und mein Gesamteindruck hat sich bestätigt. Der größte Teil verfehlt den Kern überzeugender Wiedergabe der Stücke, die von Indianern damals oder auch heute gemacht wurden.

Was aber war an diesen Stücke falsch? Es gibt verschiedene gute Bücher, die den Hobbyisten helfen, das Perlen zu lernen oder ihnen zeigt, wie man bestimmte Dinge anfertigt. Wo liegt dann das Übel? Es scheint von einem sehr bedeutendem Punkt, nämlich dem Stil, herzurühren, der Unwissenheit darum. Der größte Teil der Hobbyisten-Perlarbeit ist nicht in einem erkennbaren indianischen Stil gefertigt. Sie scheint in der Tat überhaupt nicht in irgend einem Stil gefertigt zu sein.

Ich setze hier einmal voraus, dass alle Hobbyisten ihre Vorstellungen und ihre Handwerksarbeit auf die Erzeugnisse eines bestimmten Stammes stützen. Wenigstens hoffe ich, dass sie versuchen, sich bei der Anfertigung ihrer Stücke an den handwerklichen und kulturellen Gegebenheiten ihres Wahlstammes zu orientieren. Solltest du zu den Hobbyisten gehören, die sich selbst als eine Art Ein-Mann-Indianernation sieht - lies nicht weiter ....... dieser Artikel wird dich nur aus der Fassung bringen.

Vorausgesetzt, wie ich schon sagte, dass jeder Hobbyist sein Kostüm, seine Tänze usw. auf dem Vorbild eines bestimmten Stammes (seines Musterstammes) aufbaut, haben die meisten von ihnen versäumt, den Perlarbeitsstil dieses Musterstammes zu erkennen und diesem zu folgen. Tatsächlich haben viele Hobbyisten nie erkannt, dass es etwas wie Perlarbeitsstile überhaupt gibt. So fahren sie weiter fort, falsche Muster zu fertigen und sie in der falschen Technik mit Farben auszuarbeiten, die ihr Musterstamm nie oder nur selten verwendete. Andere wissen wohl, dass Perlarbeiten verschiedener Stämme wohl an ihrem Stil erkannt werden können, aber sie vermischen diese Stile freigiebig nach Gutdünken, persönlichem Geschmack und Laune. Vielleicht meinen sie, dass sie, je mehr Stile sie in ihrer Mischung zusammengestellt haben, ein um so glaubwürdigeres Ergebnis erzielen. Noch andere "verbessern" ihre Arbeit, indem sie die Muster und Farben wechseln, die sie nicht leiden können. Diese Gewohnheit führt selten zu einer Verbesserung.

Was ist Stil und was hat er mit Perlarbeit zu tun?
Für den Zweck dieses Artikels und mit Rücksicht auf die modernere Phase der Indianerkunst, setze ich Stil mit der Art gleich etwas zu tun oder anzufertigen, basierend auf einer besonderen persönlichen und kulturellen Tradition. Dies bedeutet, dass eine Person welche irgend etwas oft genug macht eine ganz eigene Art entwickelt dies zu tun. Seit Beginn der Menschheit hat jeder einzelne mit oder neben einer Gruppe von Menschen gelebt die dieselbe Sprache teilten und mit denen er sich nicht in einer Auseinandersetzung befand - sein Stamm. Ob diese Menschen sich nun über seine Schulter neigten während er arbeitete, um sich über seine Arbeit zu äußern, oder ob sie es nicht taten - sie beeinflußten direkt oder indirekt sein Denken über sein Werk. Wenn ein Stamm mehrere Generationen zusammen lebte und sich bestimmte Arbeitsweisen herausgebildet hatten, wird sich dies auf alle zukünftigen Mitglieder dieses Stammes ausgewirkt haben. So bildete sich eine
Kulturtradition. Unter dem Einfluß dieser Kulturtradition seiner Gruppe, fügte jede Person ihre eigenen individuellen Fähigkeiten hinzu - die persönliche Tradition. Beide Arten von Tradition interagierten miteinander und beide gestatteten die Annahme neuer Ideen. Die Tradition ist es, die den Stil lebendig erhält, die bestimmt, welche neuen Ideen in den Stil mit einfließen können und welche Änderungen gemacht, oder nicht gemacht werden müssen, um einen Stil lebendig zu erhalten.

Im Fall der Perlarbeit schließt der Stil die Technik, die Muster, die Farbe, die Anordung der Verzierung und die gegenseitige Beziehung dieser 4 Dinge zueinander ein.

Traditionen haben ihren Ursprung gewöhnlich in einem praktischen Grund - aber sie überleben im allgemeinen diesen Grund. Heute ist es schwer sich vorzustellen, wie stark ihr Einfluß auf einen Arapahoearbeiter, einen Haidaschnitzer oder auf uns ist. Zum Beispiel benötigen wir keine Kragen an Hemden oder Knöpfe am Mantelärmel - diese Dinge hatten einst praktischen Wert, heute aber sind sie Überreste (Reliquien) mit rein dekorativem Zweck.

Anfangs sagte ich, dass die meisten Nicht-Indianer-Perlarbeit überhaupt keinen Stil hat. Ich muss das zurücknehmen, da Perlarbeit die heute von Hobbyisten angefertigt wird, einen sehr deutlichen Stil hat. Ich denke, er sollte Kunsthandwerk moderner Art genannt werden. All das, was ich gerade über Kulturtradition gesagt habe, ist so wahr für Hobbyisten, wie für die Indianer selbst.

Wären wir Crow-Indianer um 1890 gewesen, hätten wir sicherlich Perlarbeit von 1890 hergestellt. Wir leben jedoch heute in einer verwässerten Indianeratmosphäre. Ich glaube es ist wirklich nicht so überraschend, dass wir verwässerte künstliche indianische Arbeit herstellen. Was könne wir machen? Wir sind keine Crow von 1890 oder von 1960 und wir werden wahrscheinlich nie unsere Mutter oder Großmutter Perlarbeit machen sehen. Es gibt einen Ersatz, den wir gebrauchen können um die Kulturtradition, die uns fehlt, zu ersetzen. Dieser Ersatz heißt Forschung. Lasst mich auf meine Knie fallen und euch mit Tränen in den Augen bitten: ..... geht auf Bücher ein. Nehmt euren Notizblock und Farbstifte. Geht in eure Bücherei und seht euch um nach allem, was ihr über Perlarbeiten eures Musterstammes finden könnt. Schlagt nach in Quellenverzeichnissen, besucht Museen - macht euch Skizzen von den Dingen eures gewählten Stammes und lest Bücher, Bücher, Bücher.

Viele Hobbyisten haben nie ernsthafte Nachforschung betrieben und haben keine Vorstellung davon wie man das angehen sollte. Das wichtigste und allererste ist hier, wie in fast jedem anderen Fall: Ihr müßt wissen, was ihr wollt. 

 

Anordnung der Verzierung

Indianische Kunsterzeugnisse, speziell Kostümteile, haben ihre Verzierungen an bestimmten Stellen angebracht. Bevor ihr eine Nadel einfädelt, seid sicher, dass ihr die Verzierung an der richtigen Stelle (wahrscheinlich einem traditionellen Grund folgend, der nicht mehr von Bedeutung ist) anbringt. Bestimmte Crow-, Cheyenne und Arapahoe-Mocassin sind ein gutes Beispiel dafür. Bei ihnen läuft der Grenzstreifen seitlich von der großen Zehe um die Außenseite des Fußes herum zur Ferse - die Innenseite des Schuhs ist im Gegensatz dazu unbestickt. Dies stützt sich vermutlich auf die Konstruktion eines alten Mocassin-Types. Mit der Zeit haben die Mocassin-Muster gewechselt, der unvollständige Streifen jedoch nicht. Ein anderes Beispiel (welches mir am meisten Kopfzerbrechen bereitet) ist das beperlte Schamkleid - der Lendenschurz. Diese sind wirklich auf bestimmte Teile Nordamerikas bis 1890 beschränkt. Heute jedoch sind sie weit üblicher unter den Hobbyisten als unter den Indianern. Und wie viele Hobbyisten bestehen hartnäckig darauf, moderne Oklahoma-beperlte Lendenschurze zu einer Prärieausrüstung der alten Zeit zu tragen?. Bei diesem Beispiel ist die Verzierung am falschen Platz, einmal geografisch gesehen, als auch auf dem falschen Teil des Kostüms.

Wenn ihr einige Teile des Kostümes plant, versucht so viele echte Beispiele wie möglich zu prüfen. Beachtet, wo die Verzierung angebracht ist und welche Flächen unverziert blieben. Wenn einige Unterschiede in der Anordnung auftauchen, beachtet diese ebenfalls. Bildet nicht eigene - haltet eure Kreativität im Zaum.

Als nächstes solltet ihr die Art und Weise untersuchen, in der die Verzierung angeordnet ist. Zum Beispiel ist die gleiche Menge Perlarbeit auf der Vorder- und Rückseite angebracht? Wenn es 2 Seiten von einem Gegenstand gibt, sind sie in Farbe und Muster identisch? Wie ist die Perlarbeit selbst ausgelegt? In welche Richtung verlaufen die Routen des Lazy-Stiches oder die Linien des Overlay-Stiches? Einmal sah ich eine sehr schöne Tasche im Sioux-Stil, die ein junger Mann gefertigt hatte. Von weitem gesehen wirkte sie schön, aber bei näherem Hinsehen, konnte man erkennen, das etwas falsch war. Ich erkannte schließlich, dass die Routen des Lazy-Stiches statt horizontal vertikal verliefen.

 

Technik

Ich habe bereits den Lazy-Stich und andere Techniken in diesem Artikel mit Namen genannt und ich nehme an, dass ihr sie, zumindest dem Namen nach, bekannt sind.
Ob ihr je eine Overlay-Arbeit gemacht habt oder nicht - ich nehme an, ihr könnt sie von einer Web-Arbeit oder dem Lazy-Stich unterscheiden. Es sind genug gute Bücher über Indianerhandwerk geschrieben worden, so dass es nicht notwendig ist, hier auf jede der Techniken näher einzugehen. Ich möchte in diesem Artikel viel lieber herausstellen, welche Technik in einer Stammesperlarbeit auftrat, als die verschiedenen Techniken zu erklären. Zuerst laßt uns die Perlen selbst ansehen. Größe und Typen variieren zu verschiedenen Zeiten bei verschiedenen Stämmen. Jeder weiß, dass Prärieperlarbeit vor 1830 hauptsächlich mit Pony-Perlen hergestellt wurde, aber kaum einer, dass Cheyenne Perlarbeiten in den 1890ern sich zeitweilig von denen der Sioux nur in der Größe der Perlen unterschied. Manchmal, aber nicht immer, gebrauchten die Cheyenne kleinere Perlen oder Schnitt-Perlen, die die Sioux scheinbar sehr selten verwendeten. Ihr seht auf Perlarbeiten eueres Musterstammes, welche Art, Größe und Farbe der Perlen am häufigsten Verwendung fand. Versucht euch beim Kauf eurer Perlen so gut als möglich daran zu orientieren.

Findet heraus, welche Technik euer Musterstamm verwendete und fertigt euer Perlarbeit in der gleichen Weise. Dies mag töricht klingen, aber ihr werdet nicht glauben, wie viele Hobbyisten diese Tatsache ignorieren. Crazy Horse würde sich 2 mal in seinem Grab herumdrehen, wenn er von den vielen gewebten falschen Sioux-Leggingstreifen wüßte, die im ganzen Land in Gebrauch sind (wahrscheinlicher ist, dass er herzlich darüber lachen würde).

Ich erwähnte "die Technik" und "die "Techniken". Einige Stämme spezialisierten sich gerade auf eine, andere kombinierten mehrere. Sioux-Perlarbeit ist fast ausschließlich im Lazy-Stich gefertigt - dieser Stamm spezialisierte sich quasi auf diese Technik (es scheint fast wahrscheinlich, dass sie sie erfanden), aber sie kannten und gebrauchten auch andere. Die Kiowa auf der anderen Seite nutzten Lazy-Stich, Overlay-Stich, die Web-Arbeit und perlten netzartig mit gleicher Geschicklichkeit. Sie gebrauchten hauptsächlich 2 oder mehrere der Techniken um einen Gegenstand zu verzieren.

Vergleicht die Perlarbeit eures Musterstammes mit der anderer Stämme in der gleichen Technik. Es mag wie eine Überraschung aussehen zu lernen, dass nicht alle Lazy-Stiche gleich aussehen. Nehmen wir z.B. wieder die Cheyenne. Ihr Lazy-Stich kann oft durch die verhältnismäßig schmalen Routen erkannt werden (6-8 Perlen pro Spannstich) und dass ihre Arbeiten im Vergleich mit Sioux-Stücken viel flacher gearbeitet wurden. So erkennt man im Lauf der Zeit viele kleine Unterschiede von Stamm zu Stamm - vergleicht vorzugsweise Nachbarstämme, so werdet ihr schneller lernen ihre technischen Eigentümlichkeiten zu erkennen.

Stellt sicher, dass ihr für das Werkstück, dass ihr erarbeiten wollt, auch die richtige Technik verwendet. Als ein Beispiel: die Ojibwa gebrauchten beides, den Overlay-Stich und die Webarbeit. Dinge wie Mocassin-Verzierungen sind gewöhnlich im Overlay-Stich gearbeitet, andere, wie beperlte Gürtel sind oft gewebt. Munitionstaschen oder Hemdenornamente können in beiden Techniken gearbeitet sein. Erinnert euch daran, dass die bloße Tatsache, dass euer Musterstamm verschiedene Techniken kennt, nicht als Entschuldigung her halten sollte, wenn ihr diese falsch anwendet.

 

Muster

Die verwendeten Muster sind bei den meisten Stücken gut bekannt und früh zu erkennen. Zum Beispiel ist es schwierig, Sioux-Perlarbeit mit der eines anderen Stammes zu verwechseln, ausgenommen vielleicht Arbeiten ihrer nächsten Nachbarn. Darin ähnlich, haben Crow, Irokesen, Ojibwa, Blackfeet und andere charakteristische und leicht erkennbare Muster ausgearbeitet. Jedoch seid gewarnt .... gerade weil Musterarten einiger Stämme weit verbreitet sind - glaubt nicht, ihr könntet keine Fehler machen. Obwohl Sioux-Muster so deutlich festgelegt sind, versäumen die meisten Hobbyisten diese überzeugend wieder zu geben. Kurzum, es erfordert fast mehr Mühe einen gut bekannten Mustertyp zu verstehen, als es für einen weniger bekannten erforderlich ist.

Ich selbst bewundere Hobbyisten, die sich entscheiden weniger bekannte Stämme zu ihrem Musterstamm zu machen - sie sind oft Menschen mit dem alten Pioniergeist.

Wenn ihr so einen Musterstamm gewählt habt, findet heraus, ob ein Stammesmusterstil existiert oder nicht. Einige Stämme fertigten nie genug Perlarbeit an um ihren eigenen Stil zu entwickeln - sie adoptierten dann gewöhlich die eines Nachbarstammes.

Nun laßt uns über ein paar weitere Punkte nachdenken, die einen Musterstamm isolieren helfen können.

Perlmuster sind in verschiedene Hauptkategorien gruppiert: geometrische, realistische, Blumen, abstrakte ... usw.. Die Perlarbeit eures Musterstammes kann einer oder mehrer dieser Klassen angehören. Sie können, wie die der Sioux, mit geometrischen Mustern ausgeführt sein, oder ähnlich den Blackfeet können sie geometrische und Blumen-Perlarbeiten kombinieren. Ihr werdet herausfinden, dass die Indianer sich selbst in der Gegendstandsart keine Grenzen setzten und mit einer großen Vielzahl von Mustern arbeiteten. War eine Musterart typischer für euren Stamm als eine andere? Ein Mustertyp kommt manchmal später auf als ein anderer. Wenn ihr ein Kostüm eines bestimmten Stammes plant, sollt ihr wissen, welche Perlarbeit zu der Zeitphase wie aussah - darum studiert Museumskataloge, geht in Museen (da in den Katalogen manchmal nicht Vorder- UND Rückseite des Gegenstandes abgebildet ist) und besucht Ausstellungen.

Des weiteren ist wichtig wie die Muster selbst zusammengesetzt wurden. Mit anderen Worten: wie ordnete euer Musterstamm die Muster auf der zur Beperlung vorgesehenen Fläche an? Angenommen, der fragliche Gegenstand ist ein Pfeifenbeutel. Einige Stämme würden eine bestimmte Fläche am Ende des Beutels beperlen und ihr Muster würde eine Reihe Figuren auf einem gediegenen Farbgrund sein. Andere Stämme würden dieselbe Fläche beperlen, aber ein Muster verwenden, welches die ganze Fläche bedeckt. In diesem Fall entsteht dort ein sogenannter "nichtbestimmbarer Hintergrund" - ein Muster, z. B. Streifen oder Zick-Zack, bedeckt die ganze beperlte Fläche. Wieder andere Stämme würden einige Muster ohne Hintergrund an der Unterseite des Beutels perlen oder an der Oberseite. Schließlich gibt es Stämme, wie gewisse Apachengruppen, welche um den ganzen Beutel herum schmale Grenzen perlen und einige oder mehrere skizzenhafte Figuren auf jeder Seite arrangieren.
Seht euch den Aufbau des Musters an. Ist es symmetrisch? Wenn ja - einseitig oder zweiseitig symmetrisch? Ist ein Muster nicht symmetrisch, wurde gewöhnlich durch hinzufügen einer weiteren Figur oder durch einen Farbwechsel das Gleichgewicht der Arbeit erhalten. Asymmetrische Muster können auch dadurch ausgeglichen werden, dass ein gegenteiliges Muster dem ersten gegenübergestellt wird.
Ist ein Muster um ein zentrales Element angeordnet?
Ist es auf einer basischen Figur aufgebaut, die sich verschiedene Male wiederholt? Wenn ja, wie viele Wiederholungen gibt es? Ist jede der Figuren mit der vorangegangenen identisch oder variieren sie untereinander?
Findet ihr in einem Grenzmuster 2 grundlegende Figuren, die sich abwechseln?

Wenden wir uns nun den Elementen zu, aus denen die Muster zusammengesetzt sind. Angenommen unser Muster ist eine Blüte. Ist die Blüte natürlich dargestellt, oder stilisiert? Besteht die Arbeit aus verschiedenen Arten von Blüten? In welcher Folge sind sie angeordnet? Wie stehts mit Blättern und Stielen? Blätter sind bei Blumenmustern weit wichtiger als man oftmals glaubt, deshalb solltet ihr genau auf sie achten. Ich habe beobachtet, dass einige Stämme immer ein Blatt in einer Ecke anbringen, aber nie eine Blume.
Nehmen wir an unser Muster ist geometrisch. Das bedeutet, ihr habt viel weniger Grundelemente als bei den meisten Blumenmustern. Jedoch können Vierecke und Dreiecke gequetscht, gedehnt und zerhackt in vielen Formen und endlosen Variationen mit sich selbst und anderen kombiniert werden. Einige Stämme haben gleichmäßige charakteristische Formen dieser Grundformen weiterentwickelt.
Nehmt z.B. das Dreieck. Ein Siouxdreieck (mit einigen Abgrenzungen und einer "Tür") ist z.B. oft stumpfer als ein Crow-Dreieck (wie auch ein Crow-Tipi), das auch eine schmalere Begrenzung und einige Ausarbeitung am Grund hat.
Das Crow-Dreieck sieht wie eine Hälfte einer Sanduhr aus - wenn es alleine erscheint, steht es oft auf der Spitze.
Dagegen neigt das Blackfeet-Dreieck dazu kurz und breit zu sein, mit einer oder mehreren Begrenzungen. Auch fallen die treppenstufenartigen Ecken des Blackfeetdreiecks auf.
Das Cheyenne-Dreieck ist länger und schlanker und hat gebrochene Seiten. Die "Tür" ist meist so groß, dass sie das Dreieck in 3 kleinere teilt. Dieses Dreieck hat keine Begrenzung.

Bei einigen Stämmen wurden Perlarbeitsmuster zweckgebunden verwendet - je nach Gebrauch oder Benutzer.
Die Sioux scheinen die Muster ohne bestimmte Bindung benutzt zu haben, aber die Cheyenne reservierten einige Muster für den speziellen Gebrauch - Tiermuster z.B. sieht man meist auf Männersachen.
Andere Stämme benutzten bestimmte Mustertypen für Männergegenstände, andere für die der Frauen. Bei einigen Stämmen findet man besondere Muster für zeremoniellen Gebrauch, wieder andere für Alltagsverzierungen. Findet ihr in so einem Fall ein Muster, dass euch besonders zusagt, kann sein, dass es nicht für den Zweck passt, dem ihr es zuführen wolltet. Ein Muster, dass ihr auf einem Kleid seht ist wahrscheinlich unpassend für Leggingstreifen oder eine Weste. Ebenso kann es euch mit Mustern auf Medizinbeuteln gehen, die in den Augen des Fertigers viel zu heilig sind, um mit ihnen etwas so profanes wie Mocassin zu schmücken. Nehmt als Faustregel: verwendet Muster zum selben Zweck, zu dem sie von ihren Erfindern gedacht wurden - Tabaksbeutelmuster für Tabaksbeutel und Mocassinmuster für Mocassin.

Perlt euer Musterstamm in verschiedenen Techniken, besteht der starke Verdacht, dass sich auch verschiedene Mustertypen vereinigen. Zum Beispiel wurden bei den Ojibwa schöne verwickelte geometrische Webarbeit und frei gebogene Blumenfiguren im Overlaystich gearbeitet. Es wurden auch einige geometrische Muster im Overlaystich gefertigt, aber wenn ihr sie mit den geometrischen Mustern der Webarbeiten vergleicht, werdet ihr den Unterschied sehen - ebenso verhält es sich mit Blumenmustern in Webarbeit. Die geometrischen Muster ließen sich viel schöner gewebt fertigen, als die Blumen, die in Overlaystich wiederum hübscher aussahen. So wurden 2 oder mehrere Mustertypen von einem Stamm beibehalten und in ihrer Ausarbeitung angepaßt und perfektioniert. Darum: Studiert jeden Mustertyp und seine Anwendung und lernt ihn zu erkennen.

Nun zu einem weiteren sehr bedeutenden Punkt - und einem, der oft unbeachtet bleibt.
Oft wurde es für einen Stamm notwendig, seine Grundtechnik abzuändern oder umzuändern um die Muster auszuarbeiten. Manchmal änderten die Indianer sogar die Technik, obwohl dies nicht unbedingt notwendig war.
Betrachtet zum Beispiel die Tiere, die oft auf Präriewesten geperlt wurden. Es würde möglich sein, diese Figuren mit den Routen des Lazystiches zu arbeiten, die gerade über die Weste verlaufen. Die Figuren und der Hintergrund würden somit gleichzeitig gearbeitet werden. Einige Ute-Westen sind wirklich in dieser Art gefertigt.
Ein anmutiges und interessantes Tier wirkt jedoch ganz anders, wenn es in kurvigen Linien geperlt ist, die sich gut eignen, seine Form besser wiederzugeben. Wird diese Art angewandt, arbeitet man das Tier zuerst aus und paßt den Hintergrund in geraden Reihen darum an. Die schön geperlten Cheyenne-Tiere sind auf diese Art gearbeitet.
Perlte eine Ojibwa-Frau eine Blume, begann sie zuerst die Reihe um die Ecke eines jeden Blütenblattes und der Blätter. Dann füllte sie die Fläche mit so vielen konzentrisch angeordneten Reihen, wie benötigt. Derart geperlte Blätter wirken regelrecht gekapselt.
Eine Sauk-Frau perlte auch zuerst die Außenlinie, füllte aber dann ihre Blätter und Blüten mit Reihen des Overlaystiches, die quer über die eingeschlossene Fläche verlaufen. Diese Art des Ausfüllens ist ebenso gut dem Blumenmustertyp angepaßt, wie die der Ojibwa-Frau --- unterscheidet sich jedoch ganz offensichtlich.

Ich habe nun wiederholt die Wichtigkeit der Nachforschung betont und versucht eure Aufmerksamkeit auf einzelne besonders schöne Stilpunkte zu lenken. Das mag euch zu dem Schluß führen, dass der einzige Weg um genau zu sein der ist, exakt zu kopieren und keine eurer eigenen Ideen zulässig sind. Nun, wenn ihr versucht gut aussehende Perlarbeit im Stil eines Stammes herzustellen, so machte es so, wie sie es taten. Jedoch wird die Zeit kommen, wo ihr ein wenig schöpferischer werden wollt. Dagegen spricht nichts - gar nichts - solange ihr in den Grenzen des Stiles eures Musterstammes bleibt. Ihr werdet selbst eure eigenen Perlarbeiten entwerfen können, die doch überzeugend wirken. Wenn ihr meint, so weit zu sein, hört mit dem reinen kopieren auf und plant euer Muster von Grund auf. Seht euch Vorlagen des gewünschten Stückes an und verbindet Gedanken von ihnen für euer eigenes Muster. Dann beschaut es euch sehr kritisch und urteilt, ob es euren Richtlinien Stand halten kann. Nach und nach werdet ihr euch vom genauen Kopieren abwenden und beginnen, ein wenig eurer "persönlichen Tradition" eurer Perlarbeit hinzuzufügen.

 

Farben

Wenn ihr ein Stück Perlarbeit beseht, werdet ihr wahrscheinlich mehr von dem Muster wissen, als von der Farbzusammenstellung. Jedoch spielen die Farben und ihr Gebrauch in den Mustern eine bedeutende Rolle im Perlstil.
Es ist ebenso leicht, ein gutes Stück Perlarbeit mit den falschen Farben zu verderben, wie mit den falschen Mustern oder der falschen Technik. Ein junges Mädchen, welches ich kenne, machte für sich selbst ein hübsches Paar Leggings im Siouxstil. Die Kunstfertigkeit war überragend und die Muster waren sehr gut, aber sie verwendete ein schreckliches Wassergrün und ein verwaschenes Korallenrot in fast jeder Figur. Als der Führer ihrer Tanzgruppe etwas dagegen einwendete, war sie ganz fassungslos - das Korallenrot und Wassergrün waren die Lieblingsfarben ihres Freundes.

Offensichtlich ist hier der erste Punkt der nachzuprüfen ist: Welche Farben verwendete euer Musterstamm? Theoretisch wurde jede Farbe an Indianer in allen Teilen des Landes verkauft. Dies stützt sich auf die Tatsachen, daß Farben wie Dunkelblau, Rosenrot und Weiß in der Perlarbeit weit außeinander lebender Stämme vorkommen. Einige Stämme scheinen jedoch Lieblingsfarben gehabt zu haben. Gruppen, wie die Crow oder Ojibwa, probierten jede Farbe, derer sie habhaft werden konnten. Andere, wie die Sioux und Cheyenne, beschränkten sich auf eine spezielle Gruppe von Farben und machten selten Farbexperimente. Dazu im Gegensatz die Irokesen, die viele ihrer Perlarbeiten nur in einer Farbe fertigten: Weiß.

Bei einigen der Farben muss man umsichtiger wählen, wie bei anderen. Gerade bei hellblau muss man achtsam sein, da davon viele Schattierungen erhältlich sind - und einige Stämme zogen eine Schattierung den anderen vor. Beachtet auch, wie häufig ihr jede Farbe seht. Manche Farben wurden nur sparsam verwendet.

Manchmal wurde eine Farbe oder eine Farbgruppe traditionell für eine ganz bestimmte Sache benutzt. Die Oberteile von Sioux-Kleidern, beispielsweise, sind fast immer hellblau. Zeitweise sind Weiß oder Rosa zu sehen - aber Hellblau wurde bevorzugt. Perlarbeit in einer religiösen oder zeremoniellen Verbindung erfordert auch bestimmte Farben. Die Verzierungen auf einem Cheyenne Tipi z.B. sind heiliger Natur und müssen in Rot, Gelb, Schwarz und Weiß gefertigt sein.

Wenn ihr sicher seid, welche Farben euer Musterstamm bevorzugte, untersucht die Art und Weise, wie diese Farben gebraucht wurden. Farben konnten und wurden in sehr verschiedenen Arten verwendet. Einige Stämme setzten kontrastierende Farben in ihre Muster ein, während andere ein kühnes Muster mit einer Gruppe von Ergänzungsfarben "ausfüllte". Einige Stämme fertigten ein Muster mit lebhaften Farben auf einem blassen Hintergrund, andere arbeiteten die individuellen Figuren eines Musters wie solide Farbflächen, wieder andere legen eine kontrastierende Begrenzung rund um jede Figur, um sie besser hervorzuheben.
Einige Stämme planten jedes Muster mit einer betonenenden Hauptfarbe. Wenn ihr ein solches Muster seht, wird euer Auge auf eine hervorragende Farbfläche hingezogen. Bei anderen Mustern sind die lebhaften Farbflächen gut aufgebrochen und über die ganze Fläche zerstreut.
Wenn auf ein Stück Perlarbeit seht, blinzelt mit den Augen. Was seht ihr? Gerade die viereckigen Formen des Musters, oder seht ihr noch bewußt die hervorragenden Farbflächen? In dem letzten Fall könnt ihr sicher sein, daß ihr auf ein Muster mit betonten Farben seht. Probiert diesen "Blinzeltest" wieder bei einem anderen Beispiel und unterscheidet, ob dieser kühne Gebrauch von Farben für euren Musterstamm typisch ist.

Personen, die sich indianische Perlarbeit besehen, sind oft über die Farbkombinationen erstaunt (oder auch entsetzt). Viele sind anders als Kombinationen, die wir verwenden. Einige sind sehr erfreulich für Nichtindianer und andere bringen ihre Zäne zum Knirschen. Bitte seid nicht überrascht, wenn euer Musterstamm Orange und Rosa zusammen verwendet. Die Farbzusammenstellungen sind Teile des Stiles und wenn ihr euch daran gewöhnt habt, denke ich, habt ihr auch Gefallen daran. Was immer ihr auch tut - versucht nicht, diese ärgerlichen Farbzusammenstellungen für euch passend zu korrigieren. Wenn ihr es trotzdem tut, beraubt ihr diese Teile der Einzigartigkeit des Stiles eures Musterstammes. Ihr nehmt ihm das gewisse Etwas - das, was ihn herausstellt. Ob richtig oder falsch - die Farbkombinationen sind vorhanden, weil euer Musterstamm sie liebte - laßt sie also so.

Nun, all dies soll euch zum Nachdenken anregen. Die Dinge, die ich erwähnte sind nichts weiter als ein Wegweiser, der euch bei der Nachforschung unterstützen soll. Es könnten noch viel mehr Dinge hinzugefügt werden, aber ihr sollt ja selbst einiges herausfinden, durch die Untersuchung und den Vergleich von indianischer Perlarbeit.

Ein Wort zum Schluß: Jeder Perlstil war Ausdruck seiner Zeit, des Ortes und der Kultur derer, die ihn fertigten. Die Zeiten sind nicht alle gleich gut und die Menschen sind nicht alle gleich talentiert - somit ist vollkommen natürlich, daß ihr nicht alle Facetten eines Perlstils gleich gern haben könnt. Euer Denken mag dahin gehen, die schwachen Teile dieses Stiles zu korrigieren. Tut es nicht! Änderungen bei einem echten Indianer-Perlstil werden ihn nicht verbessern, vielmehr werden sie Zugeständnisse an einen veränderten Geschmack sein. So würden sie euch nur von eurem Ziel, Perlarbeit in einem bestimmten Stil zu fertigen, fernhalten. Macht, wie es auch die Indianer taten, Fehler !!!----- oder verbessert herum, passt an und schnitzt euch zurecht, erklärt euch zum Ein-Mann-Stamm und stellt kitschige Stammesperlarbeit her, nach Herzenslust. Aber seid ehrlich damit und macht euch nicht selbst zum Narren.