Einführung
Etwa
vor 2 Jahren sah ich einige Nicht-Indianer-Perlarbeiten
zu einem Wettbewerb zusammengetragen. Sie kamen von
überall aus den USA und repräsentierten die
Arbeiten einer großen Zahl von Hobbyisten. Wie
ich so herum ging und sie mir ansah, war ich betroffen
davon, wie unähnlich einige dieser Stücke
der indianischen Perlarbeit sahen. Einige wenige waren
gut gemacht und etliche waren regelrechter Schund, aber
die meisten davon glichen in Nichts Etwas, das je von
einem Indianer gefertigt worden war. Der Anblick dieser
Wettbewerbsstücke legte nahe, dass viele dieser
Hobbyisten noch nie ein einziges Stück richtige
Indianer-Perlarbeit gesehen hatten. Seit jener Zeit
habe ich viele weitere Perlarbeiten, die von Hobbyisten
angefertigt wurden, zu Gesicht bekommen und mein Gesamteindruck
hat sich bestätigt. Der größte Teil
verfehlt den Kern überzeugender Wiedergabe der
Stücke, die von Indianern damals oder auch heute
gemacht wurden.
Was aber
war an diesen Stücke falsch? Es gibt verschiedene
gute Bücher, die den Hobbyisten helfen, das Perlen
zu lernen oder ihnen zeigt, wie man bestimmte Dinge
anfertigt. Wo liegt dann das Übel? Es scheint von
einem sehr bedeutendem Punkt, nämlich dem Stil,
herzurühren, der Unwissenheit darum. Der größte
Teil der Hobbyisten-Perlarbeit ist nicht in einem erkennbaren
indianischen Stil gefertigt. Sie scheint in der Tat
überhaupt nicht in irgend einem Stil gefertigt
zu sein.
Ich setze
hier einmal voraus, dass alle Hobbyisten ihre Vorstellungen
und ihre Handwerksarbeit auf die Erzeugnisse eines bestimmten
Stammes stützen. Wenigstens hoffe ich, dass sie
versuchen, sich bei der Anfertigung ihrer Stücke
an den handwerklichen und kulturellen Gegebenheiten
ihres Wahlstammes zu orientieren. Solltest du zu den
Hobbyisten gehören, die sich selbst als eine Art
Ein-Mann-Indianernation sieht - lies nicht weiter .......
dieser Artikel wird dich nur aus der Fassung bringen.
Vorausgesetzt,
wie ich schon sagte, dass jeder Hobbyist sein Kostüm,
seine Tänze usw. auf dem Vorbild eines bestimmten
Stammes (seines Musterstammes) aufbaut, haben die meisten
von ihnen versäumt, den Perlarbeitsstil dieses
Musterstammes zu erkennen und diesem zu folgen. Tatsächlich
haben viele Hobbyisten nie erkannt, dass es etwas wie
Perlarbeitsstile überhaupt gibt. So fahren sie
weiter fort, falsche Muster zu fertigen und sie in der
falschen Technik mit Farben auszuarbeiten, die ihr Musterstamm
nie oder nur selten verwendete. Andere wissen wohl,
dass Perlarbeiten verschiedener Stämme wohl an
ihrem Stil erkannt werden können, aber sie vermischen
diese Stile freigiebig nach Gutdünken, persönlichem
Geschmack und Laune. Vielleicht meinen sie, dass sie,
je mehr Stile sie in ihrer Mischung zusammengestellt
haben, ein um so glaubwürdigeres Ergebnis erzielen.
Noch andere "verbessern" ihre Arbeit, indem
sie die Muster und Farben wechseln, die sie nicht leiden
können. Diese Gewohnheit führt selten zu einer
Verbesserung.
Was ist
Stil und was hat er mit Perlarbeit zu tun? Für
den Zweck dieses Artikels und mit Rücksicht auf
die modernere Phase der Indianerkunst, setze ich Stil
mit der Art gleich etwas zu tun oder anzufertigen, basierend
auf einer besonderen persönlichen und kulturellen
Tradition. Dies bedeutet, dass eine Person welche irgend
etwas oft genug macht eine ganz eigene Art entwickelt
dies zu tun. Seit Beginn der Menschheit hat jeder einzelne
mit oder neben einer Gruppe von Menschen gelebt die
dieselbe Sprache teilten und mit denen er sich nicht
in einer Auseinandersetzung befand - sein Stamm. Ob
diese Menschen sich nun über seine Schulter neigten
während er arbeitete, um sich über seine Arbeit
zu äußern, oder ob sie es nicht taten - sie
beeinflußten direkt oder indirekt sein Denken
über sein Werk. Wenn ein Stamm mehrere Generationen
zusammen lebte und sich bestimmte Arbeitsweisen herausgebildet
hatten, wird sich dies auf alle zukünftigen Mitglieder
dieses Stammes ausgewirkt haben. So bildete sich eine
Kulturtradition. Unter dem Einfluß dieser
Kulturtradition seiner Gruppe, fügte jede Person
ihre eigenen individuellen Fähigkeiten hinzu -
die persönliche
Tradition. Beide
Arten von Tradition interagierten miteinander und beide
gestatteten die Annahme neuer Ideen. Die Tradition ist
es, die den Stil lebendig erhält, die bestimmt,
welche neuen Ideen in den Stil mit einfließen
können und welche Änderungen gemacht, oder
nicht gemacht werden müssen, um einen Stil lebendig
zu erhalten.
Im
Fall der Perlarbeit schließt der Stil die Technik,
die Muster, die Farbe, die Anordung der Verzierung und
die gegenseitige Beziehung dieser 4 Dinge zueinander
ein.
Traditionen
haben ihren Ursprung gewöhnlich in einem praktischen
Grund - aber sie überleben im allgemeinen diesen
Grund. Heute ist es schwer sich vorzustellen, wie stark
ihr Einfluß auf einen Arapahoearbeiter, einen
Haidaschnitzer oder auf uns ist. Zum Beispiel benötigen
wir keine Kragen an Hemden oder Knöpfe am Mantelärmel
- diese Dinge hatten einst praktischen Wert, heute aber
sind sie Überreste (Reliquien) mit rein dekorativem
Zweck.
Anfangs
sagte ich, dass die meisten Nicht-Indianer-Perlarbeit
überhaupt keinen Stil hat. Ich muss das zurücknehmen,
da Perlarbeit die heute von Hobbyisten angefertigt wird,
einen sehr deutlichen Stil hat. Ich denke, er sollte
Kunsthandwerk moderner Art genannt werden. All das,
was ich gerade über Kulturtradition gesagt habe,
ist so wahr für Hobbyisten, wie für die Indianer
selbst.
Wären
wir Crow-Indianer um 1890 gewesen, hätten wir sicherlich
Perlarbeit von 1890 hergestellt. Wir leben jedoch heute
in einer verwässerten Indianeratmosphäre.
Ich glaube es ist wirklich nicht so überraschend,
dass wir verwässerte künstliche indianische
Arbeit herstellen. Was könne wir machen? Wir sind
keine Crow von 1890 oder von 1960 und wir werden wahrscheinlich
nie unsere Mutter oder Großmutter Perlarbeit machen
sehen. Es gibt einen Ersatz, den wir gebrauchen können
um die Kulturtradition, die uns fehlt, zu ersetzen.
Dieser Ersatz heißt Forschung. Lasst mich auf
meine Knie fallen und euch mit Tränen in den Augen
bitten: ..... geht auf Bücher ein. Nehmt euren
Notizblock und Farbstifte. Geht in eure Bücherei
und seht euch um nach allem, was ihr über Perlarbeiten
eures Musterstammes finden könnt. Schlagt nach
in Quellenverzeichnissen, besucht Museen - macht euch
Skizzen von den Dingen eures gewählten Stammes
und lest Bücher, Bücher, Bücher.
Viele
Hobbyisten haben nie ernsthafte Nachforschung betrieben
und haben keine Vorstellung davon wie man das angehen
sollte. Das wichtigste und allererste ist hier, wie
in fast jedem anderen Fall: Ihr müßt wissen,
was ihr wollt.
Anordnung
der Verzierung
Indianische
Kunsterzeugnisse, speziell Kostümteile, haben ihre
Verzierungen an bestimmten Stellen angebracht. Bevor
ihr eine Nadel einfädelt, seid sicher, dass ihr
die Verzierung an der richtigen Stelle (wahrscheinlich
einem traditionellen Grund folgend, der nicht mehr von
Bedeutung ist) anbringt. Bestimmte Crow-, Cheyenne und
Arapahoe-Mocassin sind ein gutes Beispiel dafür.
Bei ihnen läuft der Grenzstreifen seitlich von
der großen Zehe um die Außenseite des Fußes
herum zur Ferse - die Innenseite des Schuhs ist im Gegensatz
dazu unbestickt. Dies stützt sich vermutlich auf
die Konstruktion eines alten Mocassin-Types. Mit der
Zeit haben die Mocassin-Muster gewechselt, der unvollständige
Streifen jedoch nicht. Ein anderes Beispiel (welches
mir am meisten Kopfzerbrechen bereitet) ist das beperlte
Schamkleid - der Lendenschurz. Diese sind wirklich auf
bestimmte Teile Nordamerikas bis 1890 beschränkt.
Heute jedoch sind sie weit üblicher unter den Hobbyisten
als unter den Indianern. Und wie viele Hobbyisten bestehen
hartnäckig darauf, moderne Oklahoma-beperlte Lendenschurze
zu einer Prärieausrüstung der alten Zeit zu
tragen?. Bei diesem Beispiel ist die Verzierung am falschen
Platz, einmal geografisch gesehen, als auch auf dem
falschen Teil des Kostüms.
Wenn
ihr einige Teile des Kostümes plant, versucht so
viele echte Beispiele wie möglich zu prüfen.
Beachtet, wo die Verzierung angebracht ist und welche
Flächen unverziert blieben. Wenn einige Unterschiede
in der Anordnung auftauchen, beachtet diese ebenfalls.
Bildet nicht eigene - haltet eure Kreativität im
Zaum.
Als nächstes
solltet ihr die Art und Weise untersuchen, in der die
Verzierung angeordnet ist. Zum Beispiel ist die gleiche
Menge Perlarbeit auf der Vorder- und Rückseite
angebracht? Wenn es 2 Seiten von einem Gegenstand gibt,
sind sie in Farbe und Muster identisch? Wie ist die
Perlarbeit selbst ausgelegt? In welche Richtung verlaufen
die Routen des Lazy-Stiches oder die Linien des Overlay-Stiches?
Einmal sah ich eine sehr schöne Tasche im Sioux-Stil,
die ein junger Mann gefertigt hatte. Von weitem gesehen
wirkte sie schön, aber bei näherem Hinsehen,
konnte man erkennen, das etwas falsch war. Ich erkannte
schließlich, dass die Routen des Lazy-Stiches
statt horizontal vertikal verliefen.
Technik
Ich habe
bereits den Lazy-Stich und andere Techniken in diesem
Artikel mit Namen genannt und ich nehme an, dass ihr
sie, zumindest dem Namen nach, bekannt sind. Ob
ihr je eine Overlay-Arbeit gemacht habt oder nicht -
ich nehme an, ihr könnt sie von einer Web-Arbeit
oder dem Lazy-Stich unterscheiden. Es sind genug gute
Bücher über Indianerhandwerk geschrieben worden,
so dass es nicht notwendig ist, hier auf jede der Techniken
näher einzugehen. Ich möchte in diesem Artikel
viel lieber herausstellen, welche Technik in einer Stammesperlarbeit
auftrat, als die verschiedenen Techniken zu erklären.
Zuerst laßt uns die Perlen selbst ansehen. Größe
und Typen variieren zu verschiedenen Zeiten bei verschiedenen
Stämmen. Jeder weiß, dass Prärieperlarbeit
vor 1830 hauptsächlich mit Pony-Perlen hergestellt
wurde, aber kaum einer, dass Cheyenne Perlarbeiten in
den 1890ern sich zeitweilig von denen der Sioux nur
in der Größe der Perlen unterschied. Manchmal,
aber nicht immer, gebrauchten die Cheyenne kleinere
Perlen oder Schnitt-Perlen, die die Sioux scheinbar
sehr selten verwendeten. Ihr seht auf Perlarbeiten eueres
Musterstammes, welche Art, Größe und Farbe
der Perlen am häufigsten Verwendung fand. Versucht
euch beim Kauf eurer Perlen so gut als möglich
daran zu orientieren.
Findet
heraus, welche Technik euer Musterstamm verwendete und
fertigt euer Perlarbeit in der gleichen Weise. Dies
mag töricht klingen, aber ihr werdet nicht glauben,
wie viele Hobbyisten diese Tatsache ignorieren. Crazy
Horse würde sich 2 mal in seinem Grab herumdrehen,
wenn er von den vielen gewebten falschen Sioux-Leggingstreifen
wüßte, die im ganzen Land in Gebrauch sind
(wahrscheinlicher ist, dass er herzlich darüber
lachen würde).
Ich erwähnte
"die Technik" und "die "Techniken".
Einige Stämme spezialisierten sich gerade auf eine,
andere kombinierten mehrere. Sioux-Perlarbeit ist fast
ausschließlich im Lazy-Stich gefertigt - dieser
Stamm spezialisierte sich quasi auf diese Technik (es
scheint fast wahrscheinlich, dass sie sie erfanden),
aber sie kannten und gebrauchten auch andere. Die Kiowa
auf der anderen Seite nutzten Lazy-Stich, Overlay-Stich,
die Web-Arbeit und perlten netzartig mit gleicher Geschicklichkeit.
Sie gebrauchten hauptsächlich 2 oder mehrere der
Techniken um einen Gegenstand zu verzieren.
Vergleicht
die Perlarbeit eures Musterstammes mit der anderer Stämme
in der gleichen Technik. Es mag wie eine Überraschung
aussehen zu lernen, dass nicht alle Lazy-Stiche gleich
aussehen. Nehmen wir z.B. wieder die Cheyenne. Ihr Lazy-Stich
kann oft durch die verhältnismäßig schmalen
Routen erkannt werden (6-8 Perlen pro Spannstich) und
dass ihre Arbeiten im Vergleich mit Sioux-Stücken
viel flacher gearbeitet wurden. So erkennt man im Lauf
der Zeit viele kleine Unterschiede von Stamm zu Stamm
- vergleicht vorzugsweise Nachbarstämme, so werdet
ihr schneller lernen ihre technischen Eigentümlichkeiten
zu erkennen.
Stellt
sicher, dass ihr für das Werkstück, dass ihr
erarbeiten wollt, auch die richtige Technik verwendet.
Als ein Beispiel: die Ojibwa gebrauchten beides, den
Overlay-Stich und die Webarbeit. Dinge wie Mocassin-Verzierungen
sind gewöhnlich im Overlay-Stich gearbeitet, andere,
wie beperlte Gürtel sind oft gewebt. Munitionstaschen
oder Hemdenornamente können in beiden Techniken
gearbeitet sein. Erinnert euch daran, dass die bloße
Tatsache, dass euer Musterstamm verschiedene Techniken
kennt, nicht als Entschuldigung her halten sollte, wenn
ihr diese falsch anwendet.
Muster
Die verwendeten
Muster sind bei den meisten Stücken gut bekannt
und früh zu erkennen. Zum Beispiel ist es schwierig,
Sioux-Perlarbeit mit der eines anderen Stammes zu verwechseln,
ausgenommen vielleicht Arbeiten ihrer nächsten
Nachbarn. Darin ähnlich, haben Crow, Irokesen,
Ojibwa, Blackfeet und andere charakteristische und leicht
erkennbare Muster ausgearbeitet. Jedoch seid gewarnt
.... gerade weil Musterarten einiger Stämme weit
verbreitet sind - glaubt nicht, ihr könntet keine
Fehler machen. Obwohl Sioux-Muster so deutlich festgelegt
sind, versäumen die meisten Hobbyisten diese überzeugend
wieder zu geben. Kurzum, es erfordert fast mehr Mühe
einen gut bekannten Mustertyp zu verstehen, als es für
einen weniger bekannten erforderlich ist.
Ich selbst
bewundere Hobbyisten, die sich entscheiden weniger bekannte
Stämme zu ihrem Musterstamm zu machen - sie sind
oft Menschen mit dem alten Pioniergeist.
Wenn
ihr so einen Musterstamm gewählt habt, findet heraus,
ob ein Stammesmusterstil existiert oder nicht. Einige
Stämme fertigten nie genug Perlarbeit an um ihren
eigenen Stil zu entwickeln - sie adoptierten dann gewöhlich
die eines Nachbarstammes.
Nun laßt
uns über ein paar weitere Punkte nachdenken, die
einen Musterstamm isolieren helfen können.
Perlmuster
sind in verschiedene Hauptkategorien gruppiert: geometrische,
realistische, Blumen, abstrakte ... usw.. Die Perlarbeit
eures Musterstammes kann einer oder mehrer dieser Klassen
angehören. Sie können, wie die der Sioux,
mit geometrischen Mustern ausgeführt sein, oder
ähnlich den Blackfeet können sie geometrische
und Blumen-Perlarbeiten kombinieren. Ihr werdet herausfinden,
dass die Indianer sich selbst in der Gegendstandsart
keine Grenzen setzten und mit einer großen Vielzahl
von Mustern arbeiteten. War eine Musterart typischer
für euren Stamm als eine andere? Ein Mustertyp
kommt manchmal später auf als ein anderer. Wenn
ihr ein Kostüm eines bestimmten Stammes plant,
sollt ihr wissen, welche Perlarbeit zu der Zeitphase
wie aussah - darum studiert Museumskataloge, geht in
Museen (da in den Katalogen manchmal nicht Vorder- UND
Rückseite des Gegenstandes abgebildet ist) und
besucht Ausstellungen.
Des weiteren
ist wichtig wie die Muster selbst zusammengesetzt wurden.
Mit anderen Worten: wie ordnete euer Musterstamm die
Muster auf der zur Beperlung vorgesehenen Fläche
an? Angenommen, der fragliche Gegenstand ist ein Pfeifenbeutel.
Einige Stämme würden eine bestimmte Fläche
am Ende des Beutels beperlen und ihr Muster würde
eine Reihe Figuren auf einem gediegenen Farbgrund sein.
Andere Stämme würden dieselbe Fläche
beperlen, aber ein Muster verwenden, welches die ganze
Fläche bedeckt. In diesem Fall entsteht dort ein
sogenannter "nichtbestimmbarer Hintergrund"
- ein Muster, z. B. Streifen oder Zick-Zack, bedeckt
die ganze beperlte Fläche. Wieder andere Stämme
würden einige Muster ohne Hintergrund an der Unterseite
des Beutels perlen oder an der Oberseite. Schließlich
gibt es Stämme, wie gewisse Apachengruppen, welche
um den ganzen Beutel herum schmale Grenzen perlen und
einige oder mehrere skizzenhafte Figuren auf jeder Seite
arrangieren. Seht euch den Aufbau des Musters an.
Ist es symmetrisch? Wenn ja - einseitig oder zweiseitig
symmetrisch? Ist ein Muster nicht symmetrisch, wurde
gewöhnlich durch hinzufügen einer weiteren
Figur oder durch einen Farbwechsel das Gleichgewicht
der Arbeit erhalten. Asymmetrische Muster können
auch dadurch ausgeglichen werden, dass ein gegenteiliges
Muster dem ersten gegenübergestellt wird. Ist
ein Muster um ein zentrales Element angeordnet?
Ist es auf einer basischen Figur aufgebaut, die sich
verschiedene Male wiederholt? Wenn ja, wie viele Wiederholungen
gibt es? Ist jede der Figuren mit der vorangegangenen
identisch oder variieren sie untereinander? Findet
ihr in einem Grenzmuster 2 grundlegende Figuren, die
sich abwechseln?
Wenden
wir uns nun den Elementen zu, aus denen die Muster zusammengesetzt
sind. Angenommen unser Muster ist eine Blüte. Ist
die Blüte natürlich dargestellt, oder stilisiert?
Besteht die Arbeit aus verschiedenen Arten von Blüten?
In welcher Folge sind sie angeordnet? Wie stehts mit
Blättern und Stielen? Blätter sind bei Blumenmustern
weit wichtiger als man oftmals glaubt, deshalb solltet
ihr genau auf sie achten. Ich habe beobachtet, dass
einige Stämme immer ein Blatt in einer Ecke anbringen,
aber nie eine Blume. Nehmen wir an unser Muster
ist geometrisch. Das bedeutet, ihr habt viel weniger
Grundelemente als bei den meisten Blumenmustern. Jedoch
können Vierecke und Dreiecke gequetscht, gedehnt
und zerhackt in vielen Formen und endlosen Variationen
mit sich selbst und anderen kombiniert werden. Einige
Stämme haben gleichmäßige charakteristische
Formen dieser Grundformen weiterentwickelt. Nehmt
z.B. das Dreieck. Ein Siouxdreieck (mit einigen Abgrenzungen
und einer "Tür") ist z.B. oft stumpfer
als ein Crow-Dreieck (wie auch ein Crow-Tipi), das auch
eine schmalere Begrenzung und einige Ausarbeitung am
Grund hat. Das Crow-Dreieck sieht wie eine Hälfte
einer Sanduhr aus - wenn es alleine erscheint, steht
es oft auf der Spitze. Dagegen neigt das Blackfeet-Dreieck
dazu kurz und breit zu sein, mit einer oder mehreren
Begrenzungen. Auch fallen die treppenstufenartigen Ecken
des Blackfeetdreiecks auf. Das Cheyenne-Dreieck
ist länger und schlanker und hat gebrochene Seiten.
Die "Tür" ist meist so groß, dass
sie das Dreieck in 3 kleinere teilt. Dieses Dreieck
hat keine Begrenzung.
Bei einigen
Stämmen wurden Perlarbeitsmuster zweckgebunden
verwendet - je nach Gebrauch oder Benutzer. Die
Sioux scheinen die Muster ohne bestimmte Bindung benutzt
zu haben, aber die Cheyenne reservierten einige Muster
für den speziellen Gebrauch - Tiermuster z.B. sieht
man meist auf Männersachen. Andere Stämme
benutzten bestimmte Mustertypen für Männergegenstände,
andere für die der Frauen. Bei einigen Stämmen
findet man besondere Muster für zeremoniellen Gebrauch,
wieder andere für Alltagsverzierungen. Findet ihr
in so einem Fall ein Muster, dass euch besonders zusagt,
kann sein, dass es nicht für den Zweck passt, dem
ihr es zuführen wolltet. Ein Muster, dass ihr auf
einem Kleid seht ist wahrscheinlich unpassend für
Leggingstreifen oder eine Weste. Ebenso kann es euch
mit Mustern auf Medizinbeuteln gehen, die in den Augen
des Fertigers viel zu heilig sind, um mit ihnen etwas
so profanes wie Mocassin zu schmücken. Nehmt als
Faustregel: verwendet Muster zum selben Zweck, zu dem
sie von ihren Erfindern gedacht wurden - Tabaksbeutelmuster
für Tabaksbeutel und Mocassinmuster für Mocassin.
Perlt
euer Musterstamm in verschiedenen Techniken, besteht
der starke Verdacht, dass sich auch verschiedene Mustertypen
vereinigen. Zum Beispiel wurden bei den Ojibwa schöne
verwickelte geometrische Webarbeit und frei gebogene
Blumenfiguren im Overlaystich gearbeitet. Es wurden
auch einige geometrische Muster im Overlaystich gefertigt,
aber wenn ihr sie mit den geometrischen Mustern der
Webarbeiten vergleicht, werdet ihr den Unterschied sehen
- ebenso verhält es sich mit Blumenmustern in Webarbeit.
Die geometrischen Muster ließen sich viel schöner
gewebt fertigen, als die Blumen, die in Overlaystich
wiederum hübscher aussahen. So wurden 2 oder mehrere
Mustertypen von einem Stamm beibehalten und in ihrer
Ausarbeitung angepaßt und perfektioniert. Darum:
Studiert jeden Mustertyp und seine Anwendung und lernt
ihn zu erkennen.
Nun zu
einem weiteren sehr bedeutenden Punkt - und einem, der
oft unbeachtet bleibt. Oft wurde es für einen
Stamm notwendig, seine Grundtechnik abzuändern
oder umzuändern um die Muster auszuarbeiten. Manchmal
änderten die Indianer sogar die Technik, obwohl
dies nicht unbedingt notwendig war. Betrachtet zum
Beispiel die Tiere, die oft auf Präriewesten geperlt
wurden. Es würde möglich sein, diese Figuren
mit den Routen des Lazystiches zu arbeiten, die gerade
über die Weste verlaufen. Die Figuren und der Hintergrund
würden somit gleichzeitig gearbeitet werden. Einige
Ute-Westen sind wirklich in dieser Art gefertigt.
Ein anmutiges und interessantes Tier wirkt jedoch ganz
anders, wenn es in kurvigen Linien geperlt ist, die
sich gut eignen, seine Form besser wiederzugeben. Wird
diese Art angewandt, arbeitet man das Tier zuerst aus
und paßt den Hintergrund in geraden Reihen darum
an. Die schön geperlten Cheyenne-Tiere sind auf
diese Art gearbeitet. Perlte eine Ojibwa-Frau eine
Blume, begann sie zuerst die Reihe um die Ecke eines
jeden Blütenblattes und der Blätter. Dann
füllte sie die Fläche mit so vielen konzentrisch
angeordneten Reihen, wie benötigt. Derart geperlte
Blätter wirken regelrecht gekapselt. Eine Sauk-Frau
perlte auch zuerst die Außenlinie, füllte
aber dann ihre Blätter und Blüten mit Reihen
des Overlaystiches, die quer über die eingeschlossene
Fläche verlaufen. Diese Art des Ausfüllens
ist ebenso gut dem Blumenmustertyp angepaßt, wie
die der Ojibwa-Frau --- unterscheidet sich jedoch ganz
offensichtlich.
Ich habe
nun wiederholt die Wichtigkeit der Nachforschung betont
und versucht eure Aufmerksamkeit auf einzelne besonders
schöne Stilpunkte zu lenken. Das mag euch zu dem
Schluß führen, dass der einzige Weg um genau
zu sein der ist, exakt zu kopieren und keine eurer eigenen
Ideen zulässig sind. Nun, wenn ihr versucht gut
aussehende Perlarbeit im Stil eines Stammes herzustellen,
so machte es so, wie sie es taten. Jedoch wird die Zeit
kommen, wo ihr ein wenig schöpferischer werden
wollt. Dagegen spricht nichts - gar nichts - solange
ihr in den Grenzen des Stiles eures Musterstammes bleibt.
Ihr werdet selbst eure eigenen Perlarbeiten entwerfen
können, die doch überzeugend wirken. Wenn
ihr meint, so weit zu sein, hört mit dem reinen
kopieren auf und plant euer Muster von Grund auf. Seht
euch Vorlagen des gewünschten Stückes an und
verbindet Gedanken von ihnen für euer eigenes Muster.
Dann beschaut es euch sehr kritisch und urteilt, ob
es euren Richtlinien Stand halten kann. Nach und nach
werdet ihr euch vom genauen Kopieren abwenden und beginnen,
ein wenig eurer "persönlichen Tradition"
eurer Perlarbeit hinzuzufügen.
Farben
Wenn
ihr ein Stück Perlarbeit beseht, werdet ihr wahrscheinlich
mehr von dem Muster wissen, als von der Farbzusammenstellung.
Jedoch spielen die Farben und ihr Gebrauch in den Mustern
eine bedeutende Rolle im Perlstil. Es ist ebenso
leicht, ein gutes Stück Perlarbeit mit den falschen
Farben zu verderben, wie mit den falschen Mustern oder
der falschen Technik. Ein junges Mädchen, welches
ich kenne, machte für sich selbst ein hübsches
Paar Leggings im Siouxstil. Die Kunstfertigkeit war
überragend und die Muster waren sehr gut, aber
sie verwendete ein schreckliches Wassergrün und
ein verwaschenes Korallenrot in fast jeder Figur. Als
der Führer ihrer Tanzgruppe etwas dagegen einwendete,
war sie ganz fassungslos - das Korallenrot und Wassergrün
waren die Lieblingsfarben ihres Freundes.
Offensichtlich
ist hier der erste Punkt der nachzuprüfen ist:
Welche Farben verwendete euer Musterstamm? Theoretisch
wurde jede Farbe an Indianer in allen Teilen des Landes
verkauft. Dies stützt sich auf die Tatsachen, daß
Farben wie Dunkelblau, Rosenrot und Weiß in der
Perlarbeit weit außeinander lebender Stämme
vorkommen. Einige Stämme scheinen jedoch Lieblingsfarben
gehabt zu haben. Gruppen, wie die Crow oder Ojibwa,
probierten jede Farbe, derer sie habhaft werden konnten.
Andere, wie die Sioux und Cheyenne, beschränkten
sich auf eine spezielle Gruppe von Farben und machten
selten Farbexperimente. Dazu im Gegensatz die Irokesen,
die viele ihrer Perlarbeiten nur in einer Farbe fertigten:
Weiß.
Bei einigen
der Farben muss man umsichtiger wählen, wie bei
anderen. Gerade bei hellblau muss man achtsam sein,
da davon viele Schattierungen erhältlich sind -
und einige Stämme zogen eine Schattierung den anderen
vor. Beachtet auch, wie häufig ihr jede Farbe seht.
Manche Farben wurden nur sparsam verwendet.
Manchmal
wurde eine Farbe oder eine Farbgruppe traditionell für
eine ganz bestimmte Sache benutzt. Die Oberteile von
Sioux-Kleidern, beispielsweise, sind fast immer hellblau.
Zeitweise sind Weiß oder Rosa zu sehen - aber
Hellblau wurde bevorzugt. Perlarbeit in einer religiösen
oder zeremoniellen Verbindung erfordert auch bestimmte
Farben. Die Verzierungen auf einem Cheyenne Tipi z.B.
sind heiliger Natur und müssen in Rot, Gelb, Schwarz
und Weiß gefertigt sein.
Wenn
ihr sicher seid, welche Farben euer Musterstamm bevorzugte,
untersucht die Art und Weise, wie diese Farben gebraucht
wurden. Farben konnten und wurden in sehr verschiedenen
Arten verwendet. Einige Stämme setzten kontrastierende
Farben in ihre Muster ein, während andere ein kühnes
Muster mit einer Gruppe von Ergänzungsfarben "ausfüllte".
Einige Stämme fertigten ein Muster mit lebhaften
Farben auf einem blassen Hintergrund, andere arbeiteten
die individuellen Figuren eines Musters wie solide Farbflächen,
wieder andere legen eine kontrastierende Begrenzung
rund um jede Figur, um sie besser hervorzuheben.
Einige Stämme planten jedes Muster mit einer betonenenden
Hauptfarbe. Wenn ihr ein solches Muster seht, wird euer
Auge auf eine hervorragende Farbfläche hingezogen.
Bei anderen Mustern sind die lebhaften Farbflächen
gut aufgebrochen und über die ganze Fläche
zerstreut. Wenn auf ein Stück Perlarbeit seht,
blinzelt mit den Augen. Was seht ihr? Gerade die viereckigen
Formen des Musters, oder seht ihr noch bewußt
die hervorragenden Farbflächen? In dem letzten
Fall könnt ihr sicher sein, daß ihr auf ein
Muster mit betonten Farben seht. Probiert diesen "Blinzeltest"
wieder bei einem anderen Beispiel und unterscheidet,
ob dieser kühne Gebrauch von Farben für euren
Musterstamm typisch ist.
Personen,
die sich indianische Perlarbeit besehen, sind oft über
die Farbkombinationen erstaunt (oder auch entsetzt).
Viele sind anders als Kombinationen, die wir verwenden.
Einige sind sehr erfreulich für Nichtindianer und
andere bringen ihre Zäne zum Knirschen. Bitte seid
nicht überrascht, wenn euer Musterstamm Orange
und Rosa zusammen verwendet. Die Farbzusammenstellungen
sind Teile des Stiles und wenn ihr euch daran gewöhnt
habt, denke ich, habt ihr auch Gefallen daran. Was immer
ihr auch tut - versucht nicht, diese ärgerlichen
Farbzusammenstellungen für euch passend zu korrigieren.
Wenn ihr es trotzdem tut, beraubt ihr diese Teile der
Einzigartigkeit des Stiles eures Musterstammes. Ihr
nehmt ihm das gewisse Etwas - das, was ihn herausstellt.
Ob richtig oder falsch - die Farbkombinationen sind
vorhanden, weil euer Musterstamm sie liebte - laßt
sie also so.
Nun,
all dies soll euch zum Nachdenken anregen. Die Dinge,
die ich erwähnte sind nichts weiter als ein Wegweiser,
der euch bei der Nachforschung unterstützen soll.
Es könnten noch viel mehr Dinge hinzugefügt
werden, aber ihr sollt ja selbst einiges herausfinden,
durch die Untersuchung und den Vergleich von indianischer
Perlarbeit.
Ein Wort
zum Schluß: Jeder Perlstil war Ausdruck seiner
Zeit, des Ortes und der Kultur derer, die ihn fertigten.
Die Zeiten sind nicht alle gleich gut und die Menschen
sind nicht alle gleich talentiert - somit ist vollkommen
natürlich, daß ihr nicht alle Facetten eines
Perlstils gleich gern haben könnt. Euer Denken
mag dahin gehen, die schwachen Teile dieses Stiles zu
korrigieren. Tut es nicht! Änderungen bei einem
echten Indianer-Perlstil werden ihn nicht verbessern,
vielmehr werden sie Zugeständnisse an einen veränderten
Geschmack sein. So würden sie euch nur von eurem
Ziel, Perlarbeit in einem bestimmten Stil zu fertigen,
fernhalten. Macht, wie es auch die Indianer taten, Fehler
!!!----- oder verbessert herum, passt an und schnitzt
euch zurecht, erklärt euch zum Ein-Mann-Stamm und
stellt kitschige Stammesperlarbeit her, nach Herzenslust.
Aber seid ehrlich damit und macht euch nicht selbst
zum Narren.
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